Schwarzwälder Bote vom Dienstag, 7. Dezember 2010

Wunderwelt in Flocken und Noten

Von Hannes Kuhnert

Baiersbronn-Klosterreichenbach. In den "Waldknechtshof" kam der Nikolaus nicht mit Schlittenglöckchen-Gebimmel, sondern ganz schön schräg und jazzig mit Posaunentönen und Trompetenklängen, mit untergerührten Trommelwirbeln. Jazzfaktor 18 begrüßte den bärtigen Gesellen auf seine Art.

Es ist schon so etwas wie Tradition, der Nikolausjazz im Bigband-Stil, und traditionell war mit knapp 150 Zuhörern der Saal ausverkauft, obwohl das Wetter draußen gerade den Song von der weißen Wunderwelt rutschige Realität werden ließ. Schneeflöckchen hinderten Jazzfaktor 18 nicht, eine wohlige Brise aus amerikanischen Weihnachtssongs zu entfachen, wohl dosiert, gewiss nicht süßlich, von Könnern für Kenner gespielt.

Jazzfaktor 18 ist eine gut 20 Musiker starke Truppe um den Musiklehrer Christoph Ruetz, die sich zu etwa gleichen Teilen aus Profis, Musikstudenten und Amateuren zusammensetzt. Die Musiker haben fast alle ihre Wurzeln in Freudenstadt - viele davon in der Bigband des Keplergymnasiums - sie leben aber weit verstreut in einem Kreis zwischen Stuttgart, Karlsruhe und Baden-Baden. Gut zehn Mal im Jahr treten sie mit Ruetz auf und verbreiten Freude, Stimmung und jede Menge Schwung im klassischen Stil der Bigband. Dabei sind sie in ihrer Literatur immer bemüht, ausgetretene Wege zu verlassen und suchen das Besondere, Ausgefallene, das bekanntlich meist auch besondere Ansprüche stellt.

Beim Nikolausjazz jedoch dominierten die englischen Weihnachtssongs, dominierten Santa Claus, Let It Snow, Winter Wonderland und sonstige Träume von der Weißen Weihnacht. Aber da wurden auch mal die Trompeter bei "Brass-Machine" von der Leine gelassen, Bruno Lehmann durfte als Solist sein Saxophon schnurren lassen wie einen satten Kater, und bei "Hunting Rabbits" hoppelte ein Bugs-Bunny-Hase aufgeregt durch die Noten und wirbelte ein ganzes Orchester durcheinander. Ja ist denn schon Ostern?

Natürlich beherrschen die Musiker auch klassisches Liedgut. "Ihr Kinderlein kommet" intonierten sie aus gutem Grund mindestens so inniglich wie die Turmbläser. Marianne Martin als prächtig aufgelegte Sängerin wusste mit wandlungsfähiger, sicherer Stimme vielen der Lieder Glanz und Atmosphäre zu geben. Als Solisten taten sich Jan Lachhein am Tenorsax, Justus Heher mit der Posaune, Stefan Klink mit der Trompete und Walter Fest am Flügel hervor. Christoph Ruetz verbreitete als Dirigent ansteckende Spielfreude und beschäftigte als pfiffiger Moderator anhand eines übergroßen Adventskalenders das Publikum. Selten einmal wurde der Weihnachtsmann so fröhlich und musikalisch so ausgefeilt begrüßt wie bei diesem Nikolaus-Jazz.